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Rettet den Holzberg – es brodelt in der Szene

Rettet den Holzberg – es brodelt in der Szene

Am Freitagabend startet die 21. Auflage der Bergfilmnacht in den Hohburger Bergen. Einer der bekanntesten Spots in der Hohburger Schweiz ist der Holzberg, ein ehemaliger Quarzporphyr-Steinbruch mit mehr als 100 Routen in allen Schwierigkeitsgraden. Gleich um die Ecke geht es zum Gaudlitzberg, wohin am Wochenende der DAV Leipzig einlädt. Deutschlands ältestes Bergfilmfestival ist in den letzten Jahren durch die Zusammenarbeit mit dem DAV Leipzig allen Wetterkapriolen zum Trotz nicht nur weiter gewachsen, es hat sich genau genommen auch zu eine Art Familienfest oder Szenetreffen entwickelt, bei dem sich Kletterer, Boulderer, Bergsteiger, Kanuten und Berg(film)freunde aus der Umgebung „die Klinke in die Hand geben“. In diesem Jahr ist es im Vorfeld zu Unstimmigkeiten gekommen. Es rumort in der Szene …

Der Holzberg, besser: das Restloch im Holzberg, hat sich zu dem Klettersteinbruch in Mitteldeutschland entwickelt. Die älteren Jahrgänge unter uns kennen die Anfänge noch, als man im Holzberg noch vom Grund aus in die Routen einsteigen konnte. Die Veränderungen kamen schleichend. Seit einigen Jahren ist dies nicht mehr möglich, der steigende Grundwasserspiegel verhindert das Klettern an der unteren Etage. Trotzdem haben die Routen im mittleren Teil eine Länge von 30 m und mehr.

Doch nicht nur am Holzberg ging die Entwicklung weiter. Von den fünf ursprünglichen Kletterspots in der Umgebung existieren nur noch drei: Der Zinkenberg ist aktuell gesperrt, da er gerade verfüllt wird (durch die Basalt AG). Die Schwarze Wand am Frauenberg existiert nicht mehr. Der Fels wurde 2018 durch die Basalt AG gesprengt, auf dem Gebiet entsteht ein neuer, großer Tagebau. Am Spielberg, der in Privatbesitz ist, wurde einiges dafür getan, dass trotz des gestiegenen Grundwasserpegels weiter geklettert werden kann. Doch auch da weiß keiner genau, wie lange sich die Besitzer den Steinbruch samt See mit den Kletterern teilen werden. Bleiben als Kletterspots noch der Gaudlitzberg und der Holzberg. Letzterer scheint nun durch den Verkauf an die Firma Kafril in Frage gestellt.

Dabei ließ sich zunächst alles so gut an. Ein Blick zurück:

Bis weit in die Siebziger Jahre hinein wurde am Holzberg Porphyr abgebaut, dann ruhten mehr oder weniger die Arbeiten am Steinbruch. 1987 fanden die ersten Kletterer den Weg in den Steinbruch, ab 1997 begann die klettertechnische Erschließung der Hohburger Berge. Das Ganze erfolgte mit Billigung der Sächsischen Quarzporphyrwerke. Diese verkauften den Steinbruch weiter an die Basalt AG, die dem Ansinnen der Kletterer nur bedingt wohlwollend gegenüber stand. In langen Verhandlungen mit dem DAV Leipzig und der IG Klettern Mittelsachsen wurde dann doch eine Vereinbarung abgeschlossen, die den Zutritt auf das Firmengelände und ein weiteres Klettern am Holzberg erlaubte. 2018 wurde der Holzberg erneut verkauft – an die Kafril Unternehmensgruppe aus Großzschepa. Diese kennt das Gelände ziemlich gut und war sofort von sich aus bereit, mit den Kletterern über die weitere Nutzung des Holzberges zu reden. Die Zukunft schien gesichert.

Warum investiert man als Unternehmensgruppe, die in der Baubranche und da vor allem im Tiefbau tätig ist, in einen Steinbruch vor der Haustür, für den es nach sächsischem Bergbaurecht einen „Verfüllungsplan“ gibt? Die Antwort liegt auf der Hand: Erdaushub wartet darauf, deponiert, quasi entsorgt zu werden. Es ist, und dem muss man sich in der Diskussion stellen, das gute Recht des neuen Besitzers, dies auch am Holzberg zu tun.

Das sehen die Initiatoren der Bürgerinitiative Böhlitz naturgemäß anders. Ihnen ist bewusst, das Kafril als Unternehmen in der Region gut vernetzt ist, einen guten Ruf hat und auch Gutes für die Menschen in der Region tut. So sind sie in diesem Jahr zum Beispiel einer der Sponsoren des Bergfilmfestivals – und daran entzündet sich ein Teil der hitzig geführten Diskussion.

Die Initiative Böhlitz sagt eindeutig Nein zu einer Deponie Böhlitz und fordert, dass das Biotop Holzberg gerettet werden soll. Gegründet nach einer Bürgerversammlung im November 2018, schöpft die Bürgerinitiative Böhlitz aktuell alle rechtlichen Möglichkeiten aus. Die entsprechende Petition wurde im März 2019 im Landtag übergeben. Ein faunistisches Gutachten, das seit Mai 2019 vorliegt, stützt die Initiative: Die Artenvielfalt, die sich in den letzten 10 Jahren dort angesiedelt hat, ist beeindruckend. Die Politik hat sich eingeschaltet, Medien berichten darüber.

Neben den Anwohnern gibt es noch eine weitere Interessengruppe: die Kletterer. Seit 2010, die Zahlenangaben dazu schwanken, darf man offiziell am Holzberg klettern, die ersten Routen wurden schon vorher eingerichtet. Und wie schon geschrieben hat sich der DAV Leipzig stark gemacht für eine Vereinbarung mit der Kafril-Unternehmensgruppe, so dass wir bis heute ohne weitere Auflagen deren Betriebsgelände am Holzberg betreten dürfen. Der Vertrag, ein unbefristeter Nutzungsvertrag, ist seitens des jetzigen Eigentümers jederzeit kündbar. Das Thema Teilverfüllung ist wohl nicht Bestandteil der Vereinbarung.

Und da liegt glaube ich, die Crux.

Denn der DAV Leipzig hält sich aktuell ziemlich stark aus der öffentlichen Diskussion heraus. Verfolgt man die Arbeit der Holzbergfreunde, dann wird deutlich, dass sich neben dem IG Klettern-Bundesverband, der Bundeskommission „Klettern & Naturschutz“ des Deutschen Alpenvereins, der AG Natur- und Umweltschutz des Sächsischen Bergsteigerbundes e. V. auch in der Szene bekannte Kletterer für die Sache einsetzen. Im Vordergrund stehen dabei Gerald Krug (IG Klettern Halle-Löbejün), Olaf Rieck und Erhard Klingner (DAV Leipzig), Patrick Kliszak und Mario Frosch (IG Klettern Mittelsachsen) sowie Matthias Ladusch und Lutz Zybell (DAV-Landesverband Sachsen). Die DAV-Sektion Leipzig, vertreten durch den Vorstand, sucht man in dieser Aufzählung vergebens.

Vielleicht liegt das daran, dass der DAV Leipzig sich als fairer Kooperationspartner sieht und befürchtet, bei mehr Engagement gegen die Deponie das Recht zum Klettern im Holzberg gänzlich zu verwirken, weil der Hausherr dann den Zugang zum Fels umgehend verweigert. Bei weniger klaren Positionierung dagegen bleibt die Aussicht, dass der DAV vielleicht für die kommenden 10 Jahre oder mehr erreicht, dass wir weiter am Holzberg klettern können, wenn man den „Baudreck“ und andere Beeinträchtigungen außen vorlässt.

Es schwirren viele Information im Raum: So auch, dass das Oberbergamt bereits am 11. Februar 2019 festgestellt hat, „dass es für den Holzberg weder eine Pflicht, noch eine Auflage zur Verfüllung gibt“. Der Antrag zur Entlassung des Holzbergs aus dem Bergrecht, so das Bergamt, kann vom Eigentümer „jeden Tag gestellt werden.“ Doch das liegt nicht im Sinne von Kafril, die eine Deponie zur Entsorgung gekauft haben. Gerald Krug hat mit Bezug auf die Tatsache geschrieben, dass zwischen 2006 und 2018 die Verfüllung ruhte, darauf hingewiesen, dass die „gesetzliche Regelung besagt, dass die Verfüllgenehmigung erlischt, wenn sie mehr als 10 Jahre nicht in Anspruch genommen wird“. Auf welcher Grundlage hat dann das Oberbergamt Freiberg 2018 der Firma Kafril die weitere Verfüllung bergrechtlich genehmigt? Vielleicht haben alle Seiten gehofft, dass es ruhig bleibt, dass es kein öffentliches Interesse gibt. Ist ja nur ein alter Steinbruch. Doch seit der Sprengung der Schwarzen Wand, die nicht verhindert werden konnte, sind viele Kletter- und Naturfreunde sensibilisiert.

Wer am Wochenende zum Bergfilmfestival fährt, kann einen kleinen Schlenker fahren, um sich vom Eigenleben des Holzberges einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Die Natur hat sich ihr Revier zurückgeholt, man könnte glatt vergessen, dass der Mensch maßgeblich die Strukturen bestimmt hat. Wir waren vor kurzem an einem Montagabend draußen, waren nicht allein, aber im Gegensatz zum Wochenende haben sich die Seilschaften gut verteilt. Besser konnte/ kann ein Arbeitstag im Sommer nicht enden. Dass dieses kleine Abenteuer vor der Haustür ab dem kommenden Sommer Geschichte sein könnte, mag ich mir nicht vorstellen. Wird es aber, wenn die vorliegenden Pläne Wirklichkeit werden. Und wenn es nicht gelingt, alle Beteiligten konstruktiv an einen Tisch zu bekommen. Schweigen ist, wie Aussitzen, keine Option.

Es geht hier nicht um ein Bashing des Vorstandes der DAV-Sektion Leipzig oder von Kafril, als Sponsor der anstehenden Bergfilmnacht. Olaf Rieck schreibt sehr treffend, dass „die Sachlage kompliziert und vielschichtig ist und es von verschiedenen Seiten gleich mehrere berechtigte Interessen gibt.“ Wie so vieles im Leben geht es nicht nur um Schwarz und Weiß, bestimmen Grautöne die Realität, den Alltag. Doch zum Bergfilmfestival so zu tun, als ob es dieses schwebende Damoklesschwert nicht gäbe, funktioniert wohl nicht für alle.

Ich hoffe auf ein kleines großes Wunder, dass ein neuer Platz für eine Deponie gefunden wird und setze auf ein Umdenken im DAV-Vorstand. Im Telefonat mit Steffen Kempt, 1. Vorsitzender der Leipziger DAV-Sektion, hat er das Angebot einer gemeinsamen Gesprächsrunde avisiert. Vielleicht, in dem man zeitnah in einer ersten Runde das Gespräch DAV Leipzig und Holzbergfreunde und das Gespräch DAV Leipzig und Kafril sucht, um sich daran anschließend in einer größeren Runde mit allen Beteiligten und Interessenten inklusive Politik sachlich und lösungsorientiert zusammenzusetzen.

Bis dahin freuen wir uns auf ein schönes, gemeinsames Wochenende am Gaudlitzberg. Vielleicht sind die Tage und Nächte die perfekte Gelegenheit, weiter ins Gespräch zu kommen.

 

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